Der kleine Fuchs
Mitten im Wald neben einem großen Fluss steht eine Hütte aus Holzpfählen und Tierhäuten. Darin wohnt ein altes, kinderloses Ehepaar vom Stamm der Ewenken. Auf einem Ausflug entdeckt der Großvater einen jungen Fuchs, der halb erfroren im Schnee liegt. Er nimmt ihn mit nach Hause, wo er liebevoll wieder aufgepäppelt wird. Die beiden Menschen lieben den kleinen Fuchs wie ein eigenes Enkelkind. Er aber wünscht sich nichts sehnlicher als ein echter Menschenjunge zu werden. Und so macht er sich eines Tages auf den Weg in den Zauberwald zum Schamanen Nisan. Doch auf dem Weg wartet eine große Gefahr auf ihn in Form eines hungrigen Wolfes, der es auf die Rentiere, die der Fuchs mit sich führt, abgesehen hat. Aber der kleine Fuchs bekommt auch Hilfe von einigen Wesen der Natur. Wird es ihm gelingen, der Gefahr zu entkommen, den Schamanen zu finden und am Ende ein glücklicher Junge zu werden?
Dieses alte Volksmärchen aus dem Kulturschatz der Ewenken (auch: Tungusen) zeigt wie verbunden das Leben und die Denkweise dieses ostasiatischen Nomadenvolkes mit der Natur war und ist. Die Ewenken sind ein indigenes Volk Nordasiens. Sie bewegen sich auch heute noch zwischen Nordchina, der Mongolei und dem russischen Sibirien. Die ewenkische Weltsicht ist animistisch geprägt, das heißt die Menschen leben im Einklang mit der Natur und glauben daran, dass alles beseelt ist. Wusstest ihr übrigens, dass das bekannteste Wort aus der ewenkischen Sprache im Deutschen 'Schamane' ist? Auch in der Geschichte im Kinderbuch nimmt ein Schamane ein wichtige Rolle für den kleinen Fuchs ein, obwohl er doch tatsächlich nie wirklich auftaucht.
Der Text wird neben Deutsch zwar nicht auf Ewenkisch dargestellt, doch auf Chinesisch. Das ist das Besondere der Kinderbücher aus dem Drachenhaus Verlag: Sie sind immer zweisprachig. Dies weckt das Interesse der Kinder an einer anderen Sprache mit anderen Schriftzeichen und stärkt gleichzeitig die interkulturelle Kompetenz. Die deutsche Übersetzung des Textes von Dr. Nora Frisch liest sich poetisch und flüssig. Der chinesische Ursprungstext wurde von Xiang Hu aufgeschrieben.
Neben dem Zauber der Natur und der Erinnerung an ein harmonisches Zusammenleben von Mensch und Natur ist ein weiteres zentrales Thema des Märchens das Anderssein. Der kleine Fuchs denkt, er müsse sich ändern, um von den Großeltern geliebt zu werden. Dabei merkt er erst am Ende, dass sie ihn die ganze Zeit als ihresgleichen angesehen haben und ihn so mögen wie er ist.
Die Illustrationen von Xiang Hua sind großflächig und wunderschön. Man kann sich in der weiten Natur der ewenkischen Welt verlieren und viel auf jeder Seite entdecken.
"Der kleine Fuchs" (Anzeige)* ist ein hochwertiges, chinesisch-deutsches Bilderbuch über Mut, Anderssein und die Harmonie mit der Natur, das uns an einem wertvollen Kulturschatz eines Naturvolkes teilhaben lässt.
Ich bin immer sehr begeistert und berührt von den Kinderbüchern aus dem Drachenhaus Verlag. Sie bereichern die Kinderbuchlandschaft sehr.
Mein herzlicher Dank an den Verlag für das schöne Rezensionsexemplar!
Hier findet ihr meine Rezensionen zu weiteren zweisprachigen Kinderbüchern aus dem Drachenhaus Verlag:
"Das blaue Kleid"
"Der Feuertopf brodelt"
"Die tanzende Frühlingsgöttin"
Alles Liebe,
Angaben zum Buch:
Autor: Xiang Hua
Illustrator: Xiang Hua / Picturebooks' studio of CAFA
Originaltitel (chinesisch): 小狐狸
Übersetzerin: Dr. Nora Frisch
Verlag: Drachenhaus Verlag
Seitenzahl: 40 Seiten
Erscheinungsdatum: 21. November 2022
Altersempfehlung: ab 4 Jahren
ISBN: 978-3943314571
Bildquelle: © Drachenhaus Verlag